
20. August 2022
16. »BREAKCHANCE« 2022
Am Ende eines ereignisreichen 21. August 2022 konnte man allenthalben feststellen, dass dieser Aktionstag der »KRAMER BREAKCHANCE Initiative« zweifelsfrei ein ganz besonderes Kapitel in der Geschichte dieses sozial-integrativen Projekts geschrieben hat. Mit derart vielen unglücklichen Begleitumständen im Vorfeld der Veranstaltung sowie am Aktionstag selbst hatte man in der mittlerweile 16-jährigen »BREAKCHANCE«-Geschichte bislang glücklicherweise noch keine Bekanntschaft machen müssen.

Chronologie der Ereignisse: »BREAKCHANCE On Tour 2022« wurde bereits zu Beginn des Jahres geplant und terminiert. Ähnlich früh stand auch das Reiseziel fest: Botschafter Marc-Kevin Goellner sollte gemeinsam mit seiner Frau Syna für die »BREAKCHANCE«-Delegation am Standort ihrer Tennis-Akademie im Kölner Stadtteil Rodenkirchen am Samstag, 21. August einmal mehr als Gastgeber fungieren. Zahlreiche Rollstuhlfahrer sowie ehrenamtliche Helfer und auch Ehrengäste wurden persönlich eingeladen und sämtliche Anmeldungen flatterten fristgerecht bis Ende März ins Haus. Der Reisebus war binnen weniger Tage ausgebucht. Soweit, so gut.

Schmerzliche Absagen
Bis zum Aktionstag als solches hagelte es aufgrund von Corona, sonstigen Krankheiten, gebrochenen Kniescheiben und sogar wegen eines familiären Todesfalls allerdings schmerzliche Absagen. Im gecharterten Reisebus gab es also mehr freie Plätze, als es der Stimmung im Bus bei einer solchen Fahrt zuträglich wäre. Und die Reisegruppe sollte noch weiter dezimiert werden, mussten einige Ehrengäste doch aufgrund weiterer beruflicher und privater Verpflichtungen mit dem eigenen PKW nach Köln reisen.

„Überragend aber, dass diese Personen trotz zusätzlicher Verpflichtungen den Weg nach Köln gefunden haben, um unserer Veranstaltung beizuwohnen”, betont Marc-Kevin Goellner. Der Davis-Cup-Sieger von 1993 und frühere Weltklassespieler selbst stand übrigens noch eine Stunde vor der Begrüßung bei einem Ranglistenturnier in Heiligenhaus aktiv auf dem Court. Unrühmlich »gekrönt« wurde der Veranstaltungstag übrigens just auf dem Höhepunkt der sportlichen Betätigung. Aber der Reihe nach.

Ideale Voraussetzungen in Köln
Auf den wunderbaren Rebound-Ace-Courts der »MKG-Tennis-Akademie« am Großrotter Weg erfüllte der 16. Aktionstag der »KRAMER BREAKCHANCE Initiative« zunächst, was sich alle Beteiligten im Vorfeld von ihm versprachen: Inklusives Tennisspiel, Tennis zu Fuß und im Rolli, ständige wechselnde Trainer und Coaches, viel Bewegung und Mobilität sowie ein hoher Spaßfaktor inklusive. Vor allem das Handling der Rollstühle auf den Hard-Courts der Akademie war für die Waltroper Rollis natürlich einmal mehr ein Highlight. Kein Vergleich zu den weichen Teppichplätzen in heimischen Gefilden, wo das Anfahren der Bälle um Längen mühsamer ist.

Ehrengäste zeigten sich beeindruckt
Eingebunden in das sportliche Geschehen wurden wie immer auch die Ehrengäste. Waltrops Bürgermeister Marcel Mittelbach sowie Titelsponsor und Unternehmer Robert Kramer und dessen Prokurist und Geschäftspartner Christoph Zimmer waren nach Köln gereist, um die Thematik rund um den Behindertensport aufzusaugen und eigene Erfahrungen im Umgang mit dem Rollstuhl zu sammeln.

Hierbei zeigten sich alle drei Freunde der »BREAKCHANCE Initiative« erwartungsgemäß mehr als beeindruckt. „Direkt beim Betreten der Tennishalle ist mir aufgefallen, wie sehr sich alle umeinander kümmern. Dass hier der Mensch einen besonderen Fokus hat, imponiert mir genauso wie der sportliche Ehrgeiz und der offene Umgang mit der jeweiligen Beeinträchtigung. Tabus? Gibt es hier nicht. Hier sagt man, was man denkt. Und so muss es auch sein.“
Kollektiver Schock auf dem Höhepunkt
Just als der sportliche Teil der Veranstaltung auf Hochtouren lief, fasste sich auch Busfahrer Peter ein Herz. Animiert durch das bunte Treiben auf den Plätzen der »MKG-Tennis-Akademie« griff er zum Schläger, um nicht nur Bälle für die Rollifahrer zu sammeln, sondern auch selbst ein paar Bälle zu schlagen. Schnell packte ihn der Ehrgeiz: Ein etwas zu kurz geratener Ball seines Gegenübers sollte ihm zum Verhängnis werden. Beim Sprint Richtung Netz verlor er die Balance, stolperte ins Netz und stürzte so schwer, dass er sich bei dieser unglücklichen Aktion die rechte Hüfte brach.

Die rasch herbeigerufenen Notärzte fuhren ihn zur weiteren Untersuchung und Behandlung ins Krankenhaus, wo er noch am selben Abend operiert wurde. Die besten Wünsche aller Beteiligten, die den aktiven Part nach diesem Vorfall rasch beendeten, nahm der sehr sympathische Busfahrer mit in die Klinik. Auf das Wiedersehen nach erfolgreicher Operation und Reha freut sich die »BREAKCHANCE«-Familie schon heute.
Syna Goellner-Schreiber ausgezeichnet
Unmittelbar vor dem gemeinsamen Abschlussessen im Biergarten der wunderbaren Gastronomie am »Grossrotter Hof« wurde zum nunmehr zwölften Mal der alljährliche »BREAKCHANCE Award« verliehen. War im Jahr 2011 Marc-Kevin Goellner erster Titelträger, so machte es ihm heuer Ehefrau Syna gleich.

Sichtlich gerührt und vollkommen überrascht nahm sie den Ehrenpreis für langjähriges und nachhaltiges Engagement im Sinne der vielen Rollstuhlfahrer aus den Händen von »BREAKCHANCE«-Initiator Christoph Kellermann entgegen. Wolfgang Manthey folgte als amtierender Preisträger der Tradition, die Laudatio für den Nachfolger oder wie in diesem Falle der Nachfolgerin zu halten. Dies ist ihm erwartungsgemäß bestens gelungen.
Letzte »Highlights« nach der Heimkehr
Busfahrer Peters Ersatzmann Marcel beförderte die sichtlich erschöpfte Delegation nach einem langen und anstrengenden Tag am frühen Abend schließlich sicher nach Hause. Daheim am TuS Ickern angekommen, dann das letzte »Highlight« des Tages und der Beweis, dass in Sachen Inklusion und Rücksichtnahme hierzulande mithin doch noch so einiges fehlt: Zwei in einem aufgemotzten Pick-up lässig anfahrenden Herren mittleren Alters ging der beschwerliche Ausstieg der Rollstuhlfahrer an der Zechenstraße nicht schnell genug von der Hand. Ungeduldig und ohne jedes Verständnis für die offensichtlichen Alltagssorgen eines Menschen mit Handicap vertraten sie wild gestikulierend, schimpfend und hupend jene Fraktion, die vom Schicksal bislang ganz offensichtlich nur geküsst wurden. Anstand? Demut? Fehlanzeige.

Vom Gehupe aufgeschreckt gesellt sich eine Anwohnerin zur Waltroper Rolligruppe. Gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter hilft sie dabei, den Bus zu räumen und die Stühle wieder in der Tennishalle des TuS Ickern zu parken. „Ich arbeite beruflich mit Menschen mit Handicap. Wenn ich am Ende des Tages auch nur einem Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte, hat sich meine Arbeit schon gelohnt!”, so die hilfsbereite Dame. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Ende gut, alles gut.