
Ein Nachruf von Christoph Kellermann.
Lieber Til.
Montag, 6. Januar 2020. Die BILD-Zeitung titelt: »Hans verbarrikadiert jetzt das Himmels-Tor!«. Einen Tag zuvor hattest Du den langen Kampf gegen Deine Krankheit verloren. In Deinen 84 Lebensjahren hast Du eine Menge erlebt. Wenn ich mich auf das rein Sportliche konzentriere, dann fällt mir natürlich sofort das legendäre »Wembley-Tor« aus dem Jahre 1966 ein. 44 Jahre lang hast Du Stein und Bein geschworen, dass der Kopfball von Englands Stürmer Geoff Hurst in der Verlängerung des WM-Finales NICHT hinter der Linie war. Ich wette, dass seit diesem Finale kein Tag verging, an dem Du nicht auf dieses Tor oder besser gesagt: Nicht-Tor angesprochen wurdest.
Natürlich war diese prekäre Szene auch Thema unseres Bühnentalks im Rahmen unseres »BREAKCHANCE«-Aktionstags am 26. April 2008, den Du mit Deiner Anwesenheit bereichert hast. Überhaupt personifiziertest Du Dich über ein großes Maß an sozialem Engagement. Ein Anruf genügte und wir hatten Deine ebenso verbindliche wie herzliche Zusage für unsere wunderbare Rollstuhltennis-Initiative.
Als ich Dich nach dem »Wembley-(Nicht)Tor« befragte, sagtest Du mit einem verschmitzten Lächeln: „Ich bin Dir dankbar, lieber Chris, dass ich auf Deine Tennis-Ranch kommen durfte, um endlich einmal erzählen zu können, dass der Ball 1966 im WM-Finale NICHT hinter der Torlinie war!“ Die Niederlage in diesem denkwürdigen WM-Finale nahm das deutsche Team trotz der fragwürdigen Entscheidung des russischen Linienrichters sportlich hin. „Die Engländer haben das Fair Play erfunden, wir Deutschen haben es damals praktiziert und uns als faire Verlierer gezeigt“, hattest Du unseren Gästen mit auf den Heimweg gegeben. Dass Du später zum »Torschützen« Hurst eine enge Freundschaft unterhalten solltest, sprach für Dich und Deinen wunderbaren Charakter. Und ob Du Dir den umstrittenen Linienrichter Bahramov da oben jetzt noch mal zur Brust nehmen wirst, wage ich zu bezweifeln.
Ich erinnere mich, dass Du auf Deinen Auftritt bei uns recht lange warten musstest, weil das Programm etwas »hing«. Das war für Dich kein Problem. Volksnah und sympathisch hattest Du Dir die Zeit mit vielen guten Gesprächen vertrieben.
Sportlich, lieber Til, hinterlässt Du Großartiges, Legenden-Status inklusive: Fußballer des Jahres, deutscher Pokalsieger, Europapokalsieger, Vize-Weltmeister, 39-maliger Nationalspieler. Menschlich aber hinterlässt Du noch sehr viel mehr.
Dein Christoph
Hans Tilkowski verstarb am 5. Januar 2020.
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