
Ein Nachruf von Christoph Kellermann.
Liebe Regina.
Immer, wenn Du für ein paar Sekunden die Augen zu gemacht und Deinen Kopf leicht in den Nacken geworfen hast, wusste man, dass Du den Moment genießt. Meist waren es Situationen, die relativ unspektakulär waren: ein gutes Essen, ein Glas Dornfelder — oder gute Musik. Am besten live. Unzählige Bilder und Situationen habe ich im Kopf, denke ich an die gemeinsame Zeit mit Dir. Momente, die für immer im Gedächtnis bleiben. Momente, die Dich ebenso kurz und bündig wie treffend beschreiben. Dich, die es hasste zu verlieren — egal in welcher Sportart oder bei welcher Art von Spiel, Du unbelehrbare Dickköpfin.
Ich erinnere mich an einen wunderbaren Spieleabend mit unseren Rollikids, wo Du es als Gastgeberin beim abschließenden Dartsturnier als Selbstverständlichkeit angesehen hattest, Dein Team zum Sieg zu führen. Selten wurde ein geselliger Abend derart abrupt beendet, nur weil Deine Pfeile nicht das angestrebte Ziel fanden. Im Gedächtnis ist auch eine »Playersparty« in Oberhausen im Rahmen der German Open, wo Du den mit Abstand schlechtesten Elvis-Imitator der Welt engagiert hattest, dies aber im Leben nie zugegeben hättest. Dein Motto: Niemals eine Schwäche zeigen. Nicht nur bei der Bewertung dieses besagten »Showacts« hattest Du eine sehr exklusive Meinung. Die Meinung Dritter oder Vierter war für Dich selten relevant. Immer mit dem Kopf durch die Wand, Du stolze Besserwisserin.
Auch dem Schicksal wolltest Du Dich nicht ergeben. Satte 44 Jahre Deines Lebens hast Du der Fügung die Stirn geboten und mit dem Rollstuhl einen Pakt geschlossen. Das alles in der Dir eigenen Art. Damit musste man nicht immer klar kommen. Oft ja sehr oft hat es um Dich herum förmlich gekracht. Auch meinen Geduldsfaden hast Du zugegebenermaßen mehr als einmal strapaziert. Und doch kann man mit Fug und Recht behaupten, dass Dich all diese Eigenschaften genau das erreichen ließen, was Du in Deinem turbulenten Leben auf die Habenseite schaffen konntest: Unzählige deutsche Meistertitel, Europa- und Weltmeisterschaften, paralympische Medaillen, hochrangige Funktionärsposten — alles aufzulisten würde den Rahmen sprengen. Du bist immer voran geritten, Du Revolutionärin.

Für Dein außergewöhnliches Engagement im Sinne des deutschen Volkes wurde Dir im Namen des Bundespräsidenten das »Silberne Lorbeerblatt« verliehen. Viel mehr geht nicht. Natürlich hast Du hierbei stets polarisiert und nicht nur Freunde um Dich geschart. Auch viele Neider hast Du auf den Plan gerufen. Die aber haben Dich in Deinem Tun und Handeln nie blockiert. Eher motiviert. Durchgesetzt hast Du Dich. Gegen alle Widerstände, Du unnachgiebige Rebellin.
Du und ich. Irgendwie vom selben Schlag. Von Beginn an blind vertraut. Wir haben uns gestützt und auch gerieben. Verloren uns kurzzeitig aus dem Blick, aber nie aus dem Sinn. Die vielen Gespräche mit Dir waren stets geprägt von Initiative und haben mich sensibilisiert für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, Du großartige Motivationskünstlerin.
Kurzum: Ich habe Dir — auch und vor allem weit über das rote Aschenrechteck hinaus — sehr viel zu verdanken. Der erste Händedruck im Jahr 2004 in Hamm und unser letztes gemeinsames Essen in Köln — unmittelbar bevor Du für immer gingst — werde ich nie vergessen. Bei einem Glas Kölsch hatten wir uns wieder auf den Stand der Dinge gebracht, uns ausgesprochen. Selten zuvor hatte ich Dich so entspannt und aufgeräumt erlebt. Das Radio spielte wie für diesen Moment bestellt deinen Lieblingssong: »Turn back the clocks«. Deine für einige Sekunden geschlossenen Augen verrieten mir die Bedeutung dieses Moments. Das macht mich stolz. Sehr stolz.
Nun hast Du Deine Augen für immer geschlossen.
Leise, aufgeräumt und unspektakulär bist Du fort. Das Ganze will noch nicht wirklich in meinen Kopf. Wie es Deine Art war, wirst Du auch auf der unfreiwilligen Zielgerade Deines Lebens Regie geführt haben. Ganz sicher. Denn: Niemals hättest Du zugelassen, dass Dich das Schicksal leiden lässt. Ich verneige mich vor Dir und sage DANKE für alles. Ich bin stolz, dass ich Dich ein Stück begleiten durfte.
Dein Christoph
Regina Isecke verstarb am 26. Juni 2015.
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