Syna Goellner-Schreiber
- BREAKCHANCE macht mit der heutigen Ehrung das Dutzend voll: Der 12. BREAKCHANCE-Award ist zu vergeben
- Elf Menschen, die sich in überragender Art und Weise sowie mit enormer Leidenschaft über Jahre hinweg für die »KRAMER BREAKCHANCE Initiative« eingesetzt haben, hat die Familie Kellermann für ihr Engagement demnach bereits ausgezeichnet. Den Anfang machte im Jahr 2011 unser Botschafter und heutiger Gastgeber Marc-Kevin Goellner
- Fünf der elf bislang geehrten BREAKCHANCE-Freundinnen und ‑Freunde sind sogar heute hier in Köln sogar vor Ort: Birgit Prior, Marc Goellner, Klaus Gabel, Robert Kramer und auch meine Wenigkeit durften sich bereits über diese wunderbare Auszeichnung freuen. Es ist Tradition, dass der letztjährige Titelträger die Laudatio auf seine Nachfolge halten darf. Diese Tradition darf ich heute fortführen
- Nach Ute Friese im Jahr 2012 und Birgit Prior 2013 wollen wir heute zum dritten Mal in der nunmehr 16-jährigen BREAKCHANCE-Geschichte eine Dame ehren und wenn man den heutigen Tag hier in Köln Revue passieren lässt, dann wissen wir auch weshalb das so ist, denn eine Frage muss bei allem Respekt vor unserem Botschafter erlaubt sein: Was wäre Marc ohne seine bessere Hälfte Syna? Nahestehende Freunde behaupten, Syna wäre für Marc wie ein Sechser im Lotto, gleiches darf aber wohl auch für unsere Initiative gelten, denn seit vielen Jahren ist Syna bereits an unserer Seite. Immer wieder schenkt sie uns Zeit und Herz und das nicht nur an Aktionstagen wie heute. Auch die enorme Geduld, die sie uns heute wieder entgegengebracht hat, ist zu erwähnen. Ähnlich viel Geduld muss sie übrigens auch regelmäßig als Kamerafrau mitbringen, wenn sie gemeinsam Marc eine der vielen wunderbaren Videobotschaften aufnimmt, um uns alle aufzubauen, wenn es im Leben mal nicht so rund läuft. Ich selbst und auch meine Frau Annegret durften uns bereits über eine solche freuen und ich kann Euch sagen, dass diese Botschaften maßgeblich dazu beigetragen haben, dass wir heute hier sein können
- Liebe Syna, für Deine Herzlichkeit und Dein wirklich ganz besonderes Engagement sowie für Dein immer fortwährende Lächeln, welches Du uns allen stets entgegenbringst, verleihen wir Dir heute den 12. BREAKCHANCE-Award 2022. Diese Auszeichnung soll Dich motivieren, noch viele Jahre an unserer Seite zu bleiben!
Das hätte er sich wohl nicht träumen lassen: ein Nachruf! In einer Sportzeitschrift! Auf ihn! Auf Michael Vaupel, den Tennisspieler! Dabei war das doch alles eher ein Zufall…
Aber es gehörte wohl zum Leben des Michael Vaupel, dass ihm viele Dinge eher ungewollt zustießen. Häufig führte das Schicksal Regie, selten der Mann aus Dortmund selbst.
Der Rollstuhl — Folge eines Unfalls. Rollstuhltennis — eher ein Zufall. Eigentlich war Tischtennis sein Sport — und selbst das nicht ganz freiwillig. Denn erste Wahl war für den Maschinenbautechniker nach der Behinderung zunächst Rollstuhlbasketball — bis der Rücken nicht mehr mitspielte.
Also spielte Michael fortan mit kleineren Bällen an der Platte, wo er eines Tages Stephan Lamprecht traf. Der erkannte das Potenzial seines Gegenübers — und die mangelhafte Kondition. Schwitzen beim Tennis sollte Abhilfe schaffen.
So richtig geglaubt hat er sicherlich nicht an diesen Ratschlag, aber — und auch das zeichnete Michael Vaupel aus — interessiert hat es ihn dann schon.
Und so wurde Michael Vaupel, man schrieb Oktober 2011, dann eben doch noch: Tennisspieler. Ausgerechnet er! Der Kettenraucher! Mit 52 Jahren, damals bereits stolzer Opa!
Zugegeben, die Karriere war kurz, aber intensiv. Er haderte, mal mit sich, mal mit dem Trainer, der partout die Bälle so zuspielte, dass man sich — Skandal! — bewegen musste!
Spaß hatte er dennoch. Es hätte also am Ende doch noch eine „echte Liebe“ entstehen können zwischen Michael und der gelben Filzkugel. Hätte nicht erneut die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es ging auf Dauer einfach nicht.
In guter Erinnerung hat Michael Vaupel „Breakchance“ trotz allem behalten, bis zuletzt schloss er ein Comeback nicht endgültig aus. Doch einmal mehr hatte das Schicksal andere Pläne. Nun ist es an uns, den Dortmunder Jung in Erinnerung zu behalten. Michael Vaupel verstarb am 31. Mai 2022. Er wurde 62 Jahre alt.
Wie findest du die Entwicklung, dass die Paralympics aus dem früheren (zum Beispiel 1972) Begriff der „Weltspiele der Gelähmten“ zu den paralympischen Sommerspielen / Winterspielen wurden? Eher positiv oder eher negativ (individuell und gesamtgesellschaftlich gesehen)?Grundsätzlich sollten wir in der heutigen Zeit nicht von »Behinderten« oder »Gelähmten« sprechen, sondern von »Menschen mit Handicap«. Diese Bezeichnung finde ich respektvoll. In dieser Hinsicht hat sich bei vielen Menschen hierzulande gedanklich schon eine ganze Menge getan, aber da liegt noch eine Menge Arbeit vor uns. Das war und ist eine der vorrangigsten Aufgaben, die wir in unserer Gesellschaft zu lösen haben. Aktuell wird ja mehr darüber diskutiert, wie sinnfrei es ist, zu »gendern«. Wir sollten uns aber lieber intensiv damit auseinandersetzen, wie wir in der Gesellschaft grundsätzlich miteinander umgehen, ob und wie wir uns gegenseitig respektieren und wie wir Menschen, denen das Schicksal übel mitgespielt hat, die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben trotz Handicap ermöglichen zu können. Nur gemeinsam können wir dem Schicksal dauerhaft die Stirn bieten.Hast du bei einem deiner Athleten mitbekommen, dass das engere Umfeld (Freunde, Familie, Verwandte, etc.) bei den Teilnahmen an den Paralympics eher dagegen waren oder war das engere Umfeld immer total unterstützend?Naturgemäß waren und sind Familie, Freunde und Verwandte unserer Athleten durchweg begeistert, wenn sich jemand für ein Event dieser Güteklasse qualifiziert. Da gibt es hundertprozentigen Support! Schließlich dürfte es der Traum eines jeden Aktiven sein, einmal bei den olympischen oder paralympischen Spielen für sein Heimatland antreten zu dürfen. Es war in der Vergangenheit aber auch höchst selten, dass sich jemand aus Deutschland im Rollstuhltennis in diesen elitären Teilnehmerkreis spielen konnte.Was kurios ist: Bei den ohnehin schon recht hohen internationalen Anforderungen sind die Anforderungen auf nationaler Ebene noch viel höher. Ein typisch deutsches Phänomen. Hierzulande bekommt man quasi nur die notwendige Unterstützung und Teilnahmeperspektive, wenn man »Medaillenchancen« hat. Den olympischen bzw. paralympischen Grundgedanken des »Dabeiseins« gibt es in den Köpfen der deutschen Funktionäre nicht. So kann man die Zahl der deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer seit der paralympischen Tennis-Premiere 1992 in Barcelona praktisch an einer Hand abzählen.Sind die komplizierten Kategorisierungssysteme für die Paralympics von einem auf das nächste Jahr entstanden oder hat sich das über die Jahre entwickelt? Ist das System zu kompliziert für die Gesellschaft? Beeinträchtigt das System das Interesse der Gesellschaft?Das Internationale Paralympische Komitee gibt die Qualifikationskriterien vor. Diese Kriterien gilt es zunächst einmal zu erfüllen. Wie bereits erwähnt, gibt es da aber auch noch das Nationale Paralympische Komitee, welches die Latte noch einmal unverhältnismäßig höher legt. Hier habe ich gleich mehrfach einen unserer besten Rollstuhltennisspieler im Kopf, der aufgrund seiner Weltranglistenposition im Einzel mehr als einmal die internationalen Kriterien erfüllen konnte, mangels »Medaillenchancen« aber seitens der hiesigen Verantwortlichen dennoch nie nominiert wurde. Eine sportliche Tragödie für jeden Sportler.Haben sich die Zuschauerzahlen im Laufe der Zeit vergrößert/verbessert (Fernsehen, Stadionzuschauer)?Das Interesse am Rollstuhltennis ist von Land zu Land unterschiedlich. Hierzulande wird Rollstuhltennis in den Köpfen unserer Gesellschaft irgendwie immer nur »Behindertensport« bleiben. Das Credo der damaligen Präsidentin des Deutschen Rollstuhl-Tennis-Verbandes, Regina Isecke, war immer: »Rollstuhltennis ist Tennis. Basta.« Ich sehe das genauso, aber in der Realität sieht es natürlich ganz anders aus. Das Publikumsinteresse ist gering, selbst bei den größten Turnieren auf der ITF-Tour bekommen die Athletinnen und Athleten nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient hätten. Ausnahme sind die vier Grand-Slam-Turniere in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York. Hier finden die Rollstuhltennis-Wettbewerbe zur selben Zeit statt wie die Grand-Slam-Events der Fußgänger. Somit können viele der ohnehin anwesenden Tennisfans »abgegriffen« werden. Auf einen der zahlreichen Eurosport-Kanäle verirrt sich seit Kurzem dann auch schon mal ein Rollstuhltennis-Match in voller Länge. Das ist aber ehr selten. Das mediale Interesse tendiert weiterhin gen null.Wurden die Prämien und Bezahlungen für die Athleten besser im Laufe der Zeit? Gab es mehr Werbeverträge (wie zum Beispiel im Fußball)? Wurde die insgesamte Kommerzialisierung der Spiele größer?Welche Kommerzialisierung? Unser Interview dreht sich ja um die Paralympics, nicht um die Olympischen Spiele.Ist die deutsche Förderung für die Athleten besser geworden? Könnte man, wie olympische Athleten, davon leben?Also zunächst: Ich kenne reichlich olympische Athleten, die sich beim weltweit größten und prestigeträchtigsten Sportevent überhaupt, den Olympischen Spielen, Edelmetall erkämpft haben und für diesen unglaublichen Triumph mit einer nicht nennenswerten maximal fünfstelligen Pauschale abgespeist wurden. Danach sind viele Athletinnen und Athleten in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit in der Versenkung verschwunden. Oftmals handelt es sich darüber hinaus ja auch um Sportarten, von denen wir höchstens in den vier olympischen Wochen Kenntnis erlangen und dann nie wieder von hören. Beim Rollstuhltennis brauchen wir von Kommerzialisierung oder Preisgeldexplosionen nicht zu sprechen. Nicht heute und auch nicht in Zukunft.Im Vergleich zu anderen Ländern: Wie weit ist Deutschland in Bezug auf Prämien und Bezahlung der Athleten?In Deutschland spielt Rollstuhltennis quasi keine Rolle. Das war schon immer so und das wird trotz aller Bemühungen vermutlich auch immer so bleiben. Als der Deutsche Tennis Bund vor vielen Jahren den eigenständigen Deutschen Rollstuhl-Tennis-Verband auflöste und ein eigenes Ressort Rollstuhltennis öffnete, dachten alle Beteiligten, allen voran die Athletinnen und Athleten, dass sich da nun richtig was bewegen würde. Das ist aber meines Erachtens nicht einmal ansatzweise passiert. Wer als Rollifahrer auf Tour gehen möchte, muss dies auch weiterhin weitestgehend selbst finanzieren und organisieren und jede Menge Opfer bringen.Klar, es wird heute viel mehr über Rollstuhltennis gesprochen als noch vor zehn Jahren, viele Initiativen sind aber auch fadenscheinig angelegt. Vereine greifen gerne Töpfe für einen rollstuhlgerechten Umbau ihrer Räumlichkeiten ab und sanieren so mit öffentlichen Geldern ihre Tennisanlagen, viele Trainer bilden sich gezielt in Sachen Rollstuhltennis fort, ohne jemals auch nur ansatzweise das erklärte Ziel zu verfolgen, später tatsächlich ein Angebot für Menschen mit Handicap zu schaffen. Hauptsache die offizielle DTB-Trainerlizenz konnte hierdurch elegant verlängert werden, dazu gibt es ein schickes Zertifikat für den Schaukasten und das eigene Image konnte auch etwas aufpoliert werden.Kann man ein Jahr festlegen, in dem die insgesamte Situation der Athleten in Bezug auf Förderung, Bezahlung, Prämien, etc. besser / gut geworden ist?Ja, auch im Rollstuhltennis steigen die Preisgelder an. Zumindest bei den vier Majorturnieren kann es schon mal in der Kasse klingeln. Dennoch: Der Sieger im Herren-Einzel des Rollstuhltennis-Wettbewerbs bei den diesjährigen French Open 2022 bekam 53.000 US-Dollar, während die 64 (!) Erstrundenverlierer im Herren-Einzel bei den Fußgängern bekamen jeweils 66.000 US-Dollar absahnten, ohne auch nur einen Ballwechsel gewinnen zu müssen. Ich glaube, damit ist alles gesagt. Selbst die besten Rollstuhltennisspielerinnen und ‑spieler der Welt werden in ihrer aktiven Zeit nicht für den Rest ihres Lebens aussorgen können. Ich denke, das ist auch nicht das, was sie sich von der großen Tour versprechen.Die meisten Aktiven, die ich kennenlernen durfte, betreiben den immensen Aufwand aus Leidenschaft. Es gibt nur sehr wenige Topstars, die über lukrative Werbeverträge verfügen und in ihren Ländern echte Stars sind. Ich denke hier an Shingo Kunieda, der in Japan verehrt wird und sich aufgrund seiner Werbeverträge bestimmt keine Gedanken machen muss, wie die nächsten Turnierreisen finanziert werden können. Wirklich »aussorgen« können aber nebenbei bemerkt auch nur die allerwenigsten Fußgänger, die auf der WTA- und ATP-Tour unterwegs sind. Außerhalb der Top 100 wird es auf Strecke finanziell oft eng, während sich die wenigen ganz »Großen« wie Nadal, Djokovic, Osaka oder Williams dull und dämlich verdienen. Wie so oft fehlt auch hier die Balance.Gab es Momente in deinem Leben, in denen die Erfolge, die du / deine Athleten erreicht hast / haben, runtergespielt wurden (sind ja „nur“ die Paralympics, nicht Olympia)?Nein, das ist mir nun wirklich noch nie passiert. In meinem Umfeld erfahre ich immer allerhöchste Anerkennung und Wertschätzung für den Rollstuhltennissport, egal auf welcher sportlichen Ebene. Das hat aber auch damit zu tun, wie man das Rollstuhltennis vom Grundsatz her präsentiert und ob man das, was man da tut, auch »lebt«. Man sagt, das sei mir in den vergangenen 16 Jahren immer sehr gut gelungen. Gerade bei derart sensiblen Themen wie Integration und Inklusion trennen sich Spreu und Weizen recht zügig. Viele Menschen aus Sport, Politik und Behörden kennen den Unterschied nicht und wissen auch nicht, wovon sie reden. Hauptsache auf den Zug des »Woke-Wahnsinns« aufspringen.
- Wie hat Ihnen der Ausflug nach Köln gefallen?
Unser gemeinsamer Ausflug nach Köln war eine tolle Erfahrung! Nach 33 Jahren als Waltroper denke ich immer wieder, dass ich schon alles und jeden kenne, aber weit gefehlt! Rollstuhl-Tennis war noch mal eine ganz neue Erfahrung. Mir hat sehr imponiert, wie fürsorglich und gleichzeitig ehrlich und direkt alle miteinander umgehen. Aber auch der sportliche Ehrgeiz und der offene Umgang mit der jeweiligen Beeinträchtigung beeindruckten mich!
- War es Ihr erster Kontakt zum Rollstuhltennis oder überhaupt zum Behindertensport?
Ich hatte vom Rollstuhltennis gehört und einige Bilder gesehen. Und natürlich habe ich schon mal die Paralympics im Fernsehen verfolgt – aber unmittelbar dabei sein zu dürfen und dann auch noch tolle Stunden mit spannenden Menschen zu erleben, ist etwas ganz Anderes.
Sie haben das Spiel im Rollstuhl auch selbst getestet. Ihr Fazit?
Als Sportler macht es mir Spaß, neue Bewegungsabläufe zu lernen und meistens klappt das auch recht schnell. Rollstuhltennis war noch mal eine ganz neue Liga, weil ich reichlich umdenken und von bekannten Mustern abweichen musste. Eine tolle Erfahrung! Was mich besonders beindruckt hat: Ihr schenkt Euch alle gegenseitig nichts auf dem Platz! Das macht den Sport noch mal eine ganze Ecke rasanter und spannender.
- Welche Rolle spielt Sport in Ihrem Leben? Gibt es ein besonderes Verhältnis zum Tennis?
Sport gehört zum Leben einfach dazu! Durch den dicht getakteten Kalender als Bürgermeister schaffe ich es leider nicht zu regelmäßigen Trainings, doch Joggen verschafft mir den Ausgleich, den ich dringend brauche. Und das geht notfalls auch mal nachts um drei. Meine erste Tennisstunde durfte ich tatsächlich nach Amtsantritt testen und nicht nur der Muskelkater am nächsten Tag hat mir gezeigt: Das will ich auf jeden Fall noch mal machen!
- Was kann man durch den Sport für die Politik lernen?
All das, was gerade den Mannschaftssport ausmacht: Teamgeist, Fairness und dass man seine Ziele am besten gemeinsam erreicht. Dranbleiben, auch wenn es mal anstrengend ist und ein bisschen dauert, bis das Ziel erreicht ist. Und, ganz wichtig: sich gemeinsam über Erfolge zu freuen!